Monatelang ruhte coronabedingt der Amateurfußball. Nun kommen die ersten Testspiele wie ein Versprechen daher, stillen die Sehnsucht bei Fußballern wie Fans. Die Vorfreude auf die Saison ist groß, ebenso die Hoffnung, da die Zweifel in der Pandemie bleiben

„Hey Schiri, nicht jeder Köperkontakt ist auch gleich ein Foul.“ Auf solche lautstarken Momente mussten Zuschauer und Fußballer acht lange Monate warten. Hartmut Mattfeldt, Trainer des Landesligisten TSV Elstorf, war am Wochenende wieder in seinem Element. Er sagte schon vor Wochen, dass er endlich wieder Amateurfußball sehen möchte, dass er es kaum abwarten könne. Damit meinte der fußballverrückte Trainer natürlich auch, dass er endlich wieder mit seiner eigenen Mannschaft arbeiten wollte.

Kaum ist Mattfeldt mit dem TSV Elstorf in die Saisonvorbereitung eingestiegen, organisierte er kurzfristig auch gleich zwei Testspiele mit namhaften Gegnern. So gastierte am Donnerstagabend der Regionalligist und Traditionsverein Altona 93 in Elstorf. Gut 150 Zuschauer wollten das erste Testspiel nach achtmonatiger Abstinenz sehen, trotz des sehr bescheidenden Wetters. „Die Altona-Verantwortlichen haben gesagt, dass bei besserem Wetter an die 100 Fans mehr angereist wären“, sagt Mattfeldt. Und die, die aus Altona den Weg aufs Dorf gefunden haben, haben den Biervorrat des TSV zur Neige gebracht, wie Mattfeldt amüsiert erzählt. Auch das ist Amateurfußball. Das Spiel selbst ging mit 0:3 verloren, doch Mattfeldt war mit der Vorstellung seiner Mannschaft sehr zufrieden.

Ein perfektes Eigentor

Zwei Tage später wollten bei sehr viel besserem Wetter noch 100 Zuschauer das Spiel gegen den Oberligisten FC Süderelbe sehen. Sie sahen bei der 1:2-Niederlage viele Torraumszenen auf beiden Seiten und eine schlechte Chancenverwertung. Dafür aber ein perfektes Eigentor von Timo von Reith aus 40 Metern zum 0:1. Egal. „Ich habe nur gedacht: Den Ball habe ich perfekt getroffen“, scherzt Timo von Reith über seinen satten Rückpass. „Natürlich musste ich mir zwei, drei dumme Sprüche anhören“, aber derzeit überwiege einfach nur die Lust, wieder auf dem Platz zu stehen. Timo von Reith gibt zu, dass die Motivation während der sehr langen Fußballpause schleichend verschwand. Umso schöner sei es, dass der Ball wieder rollt. Selbst seine Familie scharrte mit den Füßen, vermisste den Amateurfußball. „Die sind dann sogar zu unserem Auftakttraining zum Zugucken gekommen“, sagt Timo von Reith.

In Hedendorf wurde der erste Testspiel-Tag mit einer abschließenden Grill-Party abgerundet. Die erste und zweite Mannschaft sowie die Landesliga-Fußballerinnen der VSV Hedendorf/Neukloster feierten sozusagen in die Saison herein, in luftigen Zelten und unter freiem Himmel auf der Sportanlage. „Wir wollen enger zusammenrücken und das sollte gleich eine Teambuilding-Maßnahme sein“, sagt Björn Stobbe, Trainer der Landesliga-Mannschaft. „Das kam gut an“, er habe gehört, die Letzten gingen im Hellen.

Endlich wieder Fußball, dazu eine Wurst vom Grill und ein Kühles

Schon beim 3:1-Sieg der VSV über Bezirksligist Ippensen habe er „ein ganz tolles Gefühl“ gehabt, so Stobbe. Endlich als Trainer wieder an der Seitenlinie. Seinen Spielern erging es nicht anders. Die Frau von Routinier Christopher Gorgs erzählte dem Trainer, wie sehr Gorgs schon am frühen Nachmittag „zu rotieren anfing“, lange bevor er zum Spiel musste.

Endlich wieder Fußball, dazu eine Wurst vom Grill und ein Kühles. So soll es sein. Das ist in Hedendorf die klare Meinung von Vereinswirt Marko Rosnau und Stadionsprecher Peter Zenker, gut gelaunt in der Wurstbude. „Das im Fernsehen ist doch nix“, sagt Rosnau. Die Hedendorfer erzielen ein Tor. Zenker schmeißt sogleich den Torjubel-Song an und zelebriert die Ansage dazu am Mikrofon: „Ach, ist das nicht schön, dieses Lied wieder zu hören.“ FuPa-Fotograf Rolf Schmietow ist in Hedendorf freilich auch wieder in Aktion. „Ich musste meine Kamera erst mal schmieren“, scherzt er, eingestaubt war das Arbeitsgerät sicherlich. Gemeinsam wird gefachsimpelt und gescherzt. „Falscher Einwurf“, weiß der eine. „Das pfeift man heute nicht mehr“, weiß der andere.

Mittelfeldspieler muss sich in Geduld üben

Der Landesligist VfL Güldenstern Stade schießt zum Start in die Saisonvorbereitung einen Kreisligisten ab. Mittelfeldspieler Metin Gök muss sich aber gedulden, darf noch nicht mitmischen. Nach fast zwei Jahren ohne Fußball wegen Knieproblemen wollen die Trainer ihn behutsam aufbauen. „Wahrscheinlich ist das ganz gut so“, sagt Metin Gök, er selbst wolle nach so langer Zeit „mit falschem Ehrgeiz“ natürlich spielen. Im Training laufe alles gut, harte Zweikämpfe meidet er aber noch. Gök sehnt die Saison herbei. Noch mehr als andere.

In Deinste empfängt der Kreisligist den U-19-Niedersachsenligisten der SV Drochtersen/Assel. Gut 100 Zuschauer lockt das Testspiel an. Sie sehen ein flottes Duell. Die Nachwuchsmannschaft führt schnell durch zwei schöne Distanzschüsse mit 2:0. Die Deinster wollen sich nicht vorführen lassen und halten dagegen. Beim 2:2-Ausgleich nach einer halben Stunde lobt SVD-Trainer Filippo Callerame „die sehr gute Moral“. Sein Team gewinnt letztlich 6:2. „Daraus werden sie lernen“, sagt D/A-Trainer Frithjof Hansen. Gerade für den Fußballnachwuchs sei es ganz wichtig nach einer verlorenen Corona-Saison, wieder auf dem Platz zu sein. Die Spieler sagten, dass „es ein schönes Gefühl ist, wieder eine Sporttasche vor einem Spiel zu packen“, so Hansen. Er müsse die Mannschaft derzeit eher etwas bremsen, so viel Lust und Energie habe sie.

Bei all der Lust und Vorfreude spielt Skepsis ob der Corona-Entwicklungen überall mit. „Ich habe meine Zweifel, dass die Saison durchgezogen werden kann“, sagt ein Fan in Deinste. Hartmut Mattfeldt bringt die Gefühlslage der Fußballer nach dem Testspiel-Wochenende auf den Punkt: „Das war ein unglaubliches Gefühl, mit den Jungs wieder auf dem Platz zu stehen und ich hoffe einfach nur, dass wir bis in den Dezember durchspielen können.“ In der Hoffnung schwingen die Zweifel mit.

Quelle: Stader Tageblatt

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