LANDKREIS. Im NFV-Kreis Stade wird auf Strafgelder gesetzt. Im Kreis Harburg sind in dieser Fußballsaison zusätzlich Punkte abgezogen worden, weil die betroffenen Vereine nicht genügend Schiedsrichter gestellt haben. „Das tut weh“, so ein bekannter Trainer

Der Punktabzug ist nach NFV-Statuten legitim, hat aber, besonders kreisübergreifend, legitimes Empörungspotenzial. Betroffen ist auch ein alter Bekannter.

Fußballtrainer Sven Timmermann möchte auch in dieser Saison wieder den Klassenerhalt mit dem TV Meckelfeld in der Landesliga Lüneburg schaffen. Timmermann, zuvor Trainer des Landesligisten MTV Moisburg und des Oberligisten Buxtehuder SV, ist ein sehr engagierter und gewissenhafter Trainer. Am vergangenen Freitagabend machte er sich beispielsweise auf den weiten Weg, um das Spiel zwischen der SV Ahlerstedt/Ottendorf und der TuSG Ritterhude zu beobachten. Timmermann will bestens vorbereitet sein auf die nächsten beiden Gegner seiner Mannschaft. Für den TV Meckelfeld zählt jeder Punkt. Da schmerzt es natürlich gewaltig, dass dem Landesligisten ein Punkt abgezogen wurde. „Das tut weh“, sagt Timmermann. Auch die Geldstrafe. Das Geld hätte man wesentlich sinnvoller investieren können, sagt Timmermann. Der Verein habe sich auch ein bisschen naiv verhalten. Der TV Meckelfeld ist in der Landesliga Lüneburg sicherlich nicht der einzige Verein, der vergangene Saison nicht genügend Schiedsrichter gestellt hat – aber als Vertreter aus dem Kreis Harburg der einzige, der durch Punktabzug bestraft wurde.

Das Schiridasein: nicht gerade einfach

Wie viele Schiedsrichter ein Verein während einer Saison stellen muss, ist eindeutig geregelt und bekannt. Ebenso ist bekannt, dass das Schiridasein nicht gerade einfach ist, deshalb auch nicht gerade zu den beliebtesten Aufgaben unter Vereinsmitgliedern zählt, und dass die Vereine eben drum auch Probleme haben, Schiedsrichter zu stellen und auszubilden.

Grundsätzlich gilt, dass ein Verein für seine Herren-, Frauen-, A-Jugend- und B-Jugend-Mannschaften sowie seine Altherren jeweils einen Schiedsrichter stellen muss. Zudem für die C-Jugend, wenn diese auf Landesligaebene spielt. Gelingt dies während einer Saison nicht, kommt es nach NFV-Statuten am Ende einer Saison zu einer Bestrafung. In Unterparagrafen stellt der Niedersächsische Fußball-Verband den Fußballkreisen frei, wie sehr sie die vorgegebenen Spielräume ausreizen. Bis zur Kreisliga können Strafgelder pro fehlenden Schiedsrichter von 100 bis 200 Euro erhoben werden, auf Bezirksebene 200 bis 300 Euro und ab der Oberliga 300 bis 400 Euro. „Bei uns im Kreis Stade begnügen wir uns mit der Untergrenze“, sagt Michael Koch, Vorsitzender des Kreisspielausschuss, sprich 125, 200 und 300 Euro. Als Beispiel: Wenn die SV Drochtersen/Assel, bei der die höchste Mannschaft in der Regionalliga spielt, drei Schiedsrichter zu wenig stellte, müsste sie 900 Euro Strafe bezahlen. Der MTV Wangersen im selben Fall müsste 375 Euro abdrücken, weil die erste Mannschaft auf Kreisebene spielt. „Und Punktabzüge sind bei uns nicht angedacht“, sagt Koch.

„Es ist sehr viel Geld zusammengekommen“, sagt Helmut Willuhn, Vorsitzender des Kreisschiedsrichterausschusses. Im Kreis Stade haben nur 15 von 35 Vereinen genügend Schiedsrichter. „Aber es tut sich was“, sagt Willuhn, die Vereine begreifen langsam, dass sie sich kümmern müssen und ihre Schiedsrichter auch unterstützen müssen. Zwei Lehrgänge werden im Kreis Stade während der Saison angeboten. Die Schiedsrichterausbildung dauert drei Wochen, in denen die Anwärter etwa 40 Stunden investieren müssen. Wer anschließend auf keine zehn Spiele pro Saison kommt, werde nicht als Schiedsrichter anerkannt, sagt Willuhn. „Die Schiedsrichter müssen etwas erbringen“, sagt er. Im Kreis Stade werden junge Anwärter in der Kreisliga als Assistenten eingesetzt. „Auch das wird den Schiedsrichtern angerechnet“, so Willuhn. Die Vereine können während einer Saison ihre Vorgaben erfüllen. Es gibt ein festes Datum, an dem Willuhn auswertet und abrechnet.

„Die Jungs haben auch Vorbildfunktion“

Der Vorzeigeverein in der Schiedsrichterausbildung im Kreis Stade ist die SV Ahlerstedt/Ottendorf. Hier kümmern sich die beiden Haudegen Wolfgang Diekmann und Jürgen Bockelmann seit Jahren um die Schiedsrichterausbildung. Der 22-jährige Felix Bahr, der selbst Oberliga und A-Jugend-Bundesliga pfeift, engagiert sich ebenso auf Vereinsebene. „Die Jungs wie Felix haben auch Vorbildfunktion“, sagt Bockelmann, selbst Schiedsrichterbeobachter und -ansetzer im Bezirk Lüneburg. A/O stellt derzeit 16 Schiedsrichter. „Und wenn man erstmal welche hat, die vorangehen, dann läuft es auch“, sagt Bockelmann. Dafür müsse sich aber „gekümmert werden“. „Wir begleiten die jungen Anwärter, unterstützen sie und halten sie bei Laune“, umschreibt Bockelmann. Zudem hätten die Schiedsrichter im Verein einen gleichberechtigten Stellenwert, das sei nicht überall so. „Zu uns ist erst kürzlich ein Schiedsrichter gekommen, weil man sich in seinem Verein nicht genügend um ihn gekümmert hat“, sagt Bockelmann.

Bockelmann gibt aber auch zu bedenken, dass es allgemein schwer ist für die Vereine, „geeignete Schiedsrichter“ zu finden und auszubilden. „Es macht nur Sinn, wenn die Jungs es auch wollen.“ Er halte im Übrigen nichts von Punktabzügen als Strafe.

Mit zweierlei Maß

Ein Kommentar von Jan Bröhan

Das Problem ist nicht neu. Es gibt jedes Jahr Vereine, die während einer Fußballsaison nicht genügend Schiedsrichter stellen können oder wollen. Es gibt Vereine, die zahlen die fällige Strafe schon vor der Saison und entledigen sich jeder Verantwortung. Es gibt Vereine, die werben Schiedsrichter ab, weil es billiger ist, als die Strafe und einfacher als selbst auszubilden. Schiedsrichter gehören aber zum Fußball wie die Spieler. Deshalb ist es auch richtig, dass die Vereine in die Pflicht genommen werden. Sie sollten, im Idealfall, dieselbe Verantwortung bei der Schiedsrichterausbildung wie bei der Spielerausbildung annehmen.

Weil der Spielbetrieb ohne genügend Schiedsrichter nicht funktionieren würde, ist es richtig, dass die Vereine durch Strafen unter Druck gesetzt werden. Falsch ist, dass der NFV seinen Fußballkreisen Spielräume gewährt bei den Bestrafungen. Das sorgt für Wettbewerbsverzerrungen – wie der Fall TV Meckelfeld zeigt.

Die Regel treibt Blüten. Beispiel: Der TuS Harsefeld (Kreis Stade) und der TV Meckelfeld (Kreis Harburg) spielen in derselben Liga. Harsefeld kommt bei einem Verstoß mit einer Geldstrafe davon, Meckelfeld verliert Punkte. Das kann im Titel- wie im Abstiegskampf entscheidend sein.

Der Kreis Harburg setzt erstmals auf den erlaubten Punktabzug. Die anderen Kreise aber nicht. Punktabzüge sind ein effektives Druckmittel, keine Frage. Und in der Kreisliga Harburg auch okay – weil alle Vereine unter den gleichen Voraussetzungen bestraft werden. Wenn aber ein Landesligist benachteiligt wird, weil er dem falschen Kreis angehört, ist es ungerecht. Da muss der NFV für ein einheitliches Bestrafungsrecht für alle Kreise sorgen.

Quelle: Stader Tageblatt

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