Willuhn gab seine und die Pläne des Kreisverbandes am Dienstag in einem Gespräch mit dem TAGEBLATT bekannt. Monatelang war der Kreisverband im Niedersächsischen Fußballverband (NFV) offenbar auf der Suche nach einem neuen Vorsitzenden. Im November erklärte Ulrich Mayntz öffentlich, dass er nicht mehr kandidieren werde. Der innere Zirkel des Verbandes wusste freilich schon viel früher von der anstehenden personellen Veränderung. Mehr als ein halbes Dutzend Leute, die heute schon Vorstands- und Verbandsarbeit leisten, winkten ab. Keine Zeit, keine Lust, kein Interesse. Willuhn sagte schließlich zu. Irgendwie auch logisch bei seinem Werdegang auf und neben dem Fußballplatz. Der heute 57-Jährige erlebte den Fußball als Mittelstürmer, Trainer, Schiedsrichter und als Funktionär. Bei Willuhns Vita ist der Schritt an die Verbandsspitze keine allzu große Überraschung.
„Ich bin ein anderer Typ als Uli Mayntz“, sagt Willuhn. Er sei mehr an der Basis. Den Vereinen müsse es gut gehen. Jeder müsse gleich behandelt werden, vom ersten Vorsitzenden bis zum Betreuer. Er, Willuhn, gehe auf die Leute zu, wolle Probleme vor Ort besprechen. Er sei einer, an den sich Fußballer zu jeder Tages- und Nachtzeit wenden können. Womöglich habe gerade im vergangenen Jahr der Informationsfluss in der Corona-Pandemie gefehlt. Mehrere Vereinsvertreter sahen sich in der Krise alleingelassen mit ihren vielen Fragen. Die vereinzelte Kritik am im Juli scheidenden Vorsitzenden Ulrich Mayntz ist nicht neu. Mayntz selbst räumte im TAGEBLATT-Interview im November ein, dass er „sicherlich hätte mehr machen können“, aber die Zeit nicht hatte.
Aktuell ist Willuhn Spielausschutzvorsitzender
Helmut Willuhn gilt als Praktiker in der Verbandsarbeit. Oder wie Mayntz einst sagte, als „fleißiges Bienchen“. Derzeit bekleidet Willuhn den Posten des Spielausschussvorsitzenden, das ist der einflussreichste Funktionär im Fußball überhaupt, der Chef über den gesamten Spielbetrieb. Wenn Willuhn eine Stufe hochklettert, wird das Amt frei. Ein Nachfolger scheint in Sicht, ist aber nicht spruchreif. Die Delegierten haben viel zu wählen beim nächsten Kreistag am 9. Juli. Außerdem noch den Sportgerichtsvorsitzenden und den Ehrenamtsbeauftragten. Aber auch die drohenden Vakanzen sollen pünktlich geregelt werden. „Jeder Kreis oder Bezirk hat Probleme, die Ehrenämter zu besetzen“, sagt Willuhn.
Willuhn muss, sofern er beim Mitgliedervotum nicht durchfällt, aber das ist eher unwahrscheinlich, sein Tagesgeschäft im Verband abgeben. Damit hat er inhaltlich keine Sorgen. „Weil ich weiß, dass die Ausschüsse funktionieren“, sagt er. Weil das Tagesgeschäft aber auch Spaß gemacht habe, täte es ihm schon weh. Ab Sommer wird Willuhn Repräsentant. „Ich könnte mich zurücklehnen und warten, was da kommt. Aber ich will selbst die Initiative ergreifen“, sagt Willuhn. Müsste er sich selbst charakterisieren, fielen ihm die Worte Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und Pünktlichkeit ein.
Mitarbeit wieder forcieren
Aufwerten will der designierte Vorsitzende die Strahlkraft des Kreises Stade in den Bezirken und im Land Niedersachsen. In der Schaltzentrale des niedersächsischen Fußballs in Barsinghausen will Willuhn nach eigenen Aussagen die Mitarbeit wieder forcieren. Sich nicht vier Stunden im Tageszentrum berieseln lassen und dabei ständig auf die Uhr schauen, sondern mitreden, sich gut vernetzen. „Welche Probleme haben die anderen Bezirke und Kreise? Was machen die besser, was machen wir besser?“ Willuhn will die Fragen stellen und beantworten. Dann wird es in solch einer Sitzung auch nicht langweilig.
Aktuell müssen Willuhn und die übrigen Funktionäre im Stader Kreisverband die Fragen ihrer Basis über die Zukunft des Kreisfußballs in der Corona-Pandemie beantworten. Was schwierig ist, weil auch Willuhn keine entsprechende Glaskugel besitzt. Der Amateurfußball ist abhängig von den Entscheidungen in Berlin. Erst Mitte Februar könnte es neue Entwicklungen geben. „Wir versuchen im Kreis alles, damit noch Fußball gespielt werden kann“, sagt Willuhn. Auch wenn dies erst Mitte März erstmals wieder gelingen würde, könne der Kreis Stade die Saison zu Ende spielen. In welchem Modus auch immer. Der Kreisverband werde bei den Vereinen die Meinungen abfragen. „Fatal wäre es, wenn wir jetzt aufhören und erst Mitte August wieder spielen könnten“, sagt Willuhn.
Zur Person
Helmut Willuhn ist 57 Jahre alt, verheiratet und Vater eines 26-jährigen Sohnes. Er lebt in Issendorf zwischen Harsefeld und Horneburg. Sein Heimatverein ist der FSV Nottensdorf/Bliedersdorf. Willuhn spielte in der Jugend in Apensen und als Erwachsener in Horneburg, Harsefeld, Apensen und den VSV Hedendorf/Neukloster. Im Rahmen seiner Ausbildung in Bielefeld heuerte er bei der Arminia an und kickte dort aussichtsreich bei den Amateuren. Ein Schien- und Wadenbeinbruch machte größere Ambitionen zunichte. Willuhn wechselte auf die Trainerbank und coachte Harsefeld, Hedendorf, Immenbeck, Apensen, Deinste und zuletzt den VfL Horneburg.
Erste Erfahrung als Funktionär sammelte der ausgewiesene Fan von Arminia Bielefeld und dem FC Liverpool als Obmann in Apensen und Horneburg. 2002 begann seine Laufbahn als Schiedsrichter. Willuhn selbst bezeichnet sich „als einen der größten Pöbler auf dem Platz“. Eine Rote Karte wegen Pöbelei während eines Punktspiels zwischen Apensen und Stinstedt bewog den einstigen Mittelstürmer, selbst Schiedsrichter zu werden. Er agierte beim NFV als Schiedsrichterlehrwart und -obmann. Seit 2018 sitzt er dem Spielausschuss vor. Willuhn arbeitet seit 1995 bei Unilever in Buxtehude in leitender Stellung.
Quelle: Stader Tageblatt